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PHARMA PRIVAT vor Ort: Lothar Jenne unterwegs in Kappeln

Unsere Serie PHARMA PRIVAT vor Ort geht weiter. Dieses Mal im Einsatz: Lothar Jenne, geschäftsführender Gesellschafter von Max Jenne. Er besuchte die Löwen Apotheke in Kappeln (Schleswig-Holstein) und sprach mit Inhaberin Maike Wittmann über die Chancen und Risiken des eRezepts. Seine Erkenntnis: Mit gelebtem Pragmatismus, Weitsicht und Optimismus lassen sich die Herausforderungen des eRezepts meistern und die unbestreitbaren Chancen nutzen

Am 11. August durfte ich Maike Wittmann in ihrer Löwen Apotheke in Kappeln (https://www.apotheke-kappeln.de/) besuchen und mir mit ihrer Hilfe ein Bild von der praktischen Umsetzung des elektronischen Rezepts („eRezept“) machen.

Kappeln werden viele Menschen vor allem mit der traditionsreichen Fernseh-Serie „Der Landarzt“ in Verbindung bringen. Das ist zwar richtig, wird dem Ort aber nicht gerecht. Seine Historie ist voller Wendungen. Zuletzt hat die Bundeswehr den naheliegenden Marinehafen Olpenitz geschlossen und alle Soldaten abziehen lassen. Tourismus und die Ansiedlung verschiedenster Gewerke rund um den Yachtsport prägen nunmehr das Bild. Heute hat Kappeln mit rund 8.600 Einwohnern die Zentralortfunktion für das Umland. So erklärt sich die Niederlassung von vier Apotheken.

Die Löwen Apotheke hat eine lange Tradition und liegt malerisch im Urlaubsort Kappeln.

Mein Besuch bei Frau Wittmann sollte den verschiedensten technischen und organisatorischen Aspekten gelten, um von ihren Erfahrungen berichten zu können. Der Gesprächsverlauf und das daraus zu ziehende Fazit hat mich überrascht. Frau Wittmann hat die Löwen Apotheke zwar erst vor rund zwei Jahren übernommen, sich aber eben nicht nur mit den üblichen Aspekten einer Apotheken-Übernahme beschäftigt, sondern auch gleich noch die Initiative zur systematischen Vorbereitung auf die Einführung des eRezeptes ergriffen. Dabei ließ sie sich von zwei Gedanken leiten. Der erste: „Wenn das eRezept kommt, bin ich doch lieber gleich dabei und kann mich auf allen Ebenen vorbereiten und nach den neuen Chancen suchen. Die Risiken durchlebe ich so oder so.“ Der zweite: „Bin ich früh dabei, dann haben die mich betreuenden Dienstleister wenigstens noch Zeit für mich. Gehöre ich zum Hauptfeld oder gar den Letzten, dann werden alle überlastet und entsprechend angespannt sein.“

Gesagt, getan. Erste Erkenntnis: Nach dem Motto „Der frühe Vogel fängt den Wurm“ ist ihre Rechnung aufgegangen. Zweite Erkenntnis: Der unmittelbar zu betreibende technische Aufwand wie auch die erforderlichen Anmeldungen sind überschaubar. Allerdings waren Wartezeiten und Klärungen Zeit und Nerven raubend. Frau Wittmann ist allerdings davon überzeugt, dass ein denkbares Abwarten diese Phase auch nicht einfacher gemacht hätte.

So ging es also um die Anschaffung und Installation des TI-Konnektors und des eGK-Lesegeräts, die Änderungen am Warenwirtschaftssystem und schließlich die diversen Anmeldungen. Die Ergänzungen von Hard- und Software führte ihr Warenwirtschaftsanbieter aus, man könnte sagen: geräuschlos. Der finanzielle Aufwand war in der Höhe von 5 – 6 TEURO nicht unerheblich, aber nur eine Frage der Zwischenfinanzierung, weil er in voller Höhe erstattet wurde. Der maßgebliche Aufwand entstand, weil die Anmeldungen bei medisign zur Beantragung des Heilberufsausweises und beim DAV für die erforderlichen Einträge in „Mein Apothekenportal“ (unter Einschluss von „Mein Apothekenmanager“) eher zäh abliefen und hier das Stehvermögen von Frau Wittmann gefragt war.

eGK-Lesegerät
IT-Konnektor

Die Anschaffung eines eGK-Lesegeräts und eines TI-Konnektors ist erforderlich, um loszulegen.

Die eigentlichen technischen Erweiterungen haben keinen weiteren Aufwand bedeutet und auch die Betriebsabläufe haben sich für die Bedienung des eRezepts nicht in besonderer Weise verändert. Ihr Warenwirtschaftsanbieter habe die Bedieneroberflächen sparsam erweitert und mehr sei auch nicht erforderlich, urteilt Frau Wittmann. So war die Einarbeitung der Mitarbeitenden kein besonderer Aufwand, mal abgesehen davon, dass sie grundsätzlich alle sechs Wochen Mitarbeiterbesprechungen abhält, um alle mitzunehmen.

Auf eine Schilderung der (geänderten) Abläufe verzichte ich an dieser Stelle, weil sie von Anbieter zu Anbieter der Warenwirtschaftssysteme variieren werden und mein Besuch vielmehr der Erfahrung dienen sollte, wie das eRezept im Alltag einer Apotheke erlebt wird. Das gilt hier besonders vor dem Hintergrund, dass die Löwen Apotheke – gelegen in einem Touristenzentrum – an einem Hochsommertag (mit Verlaub) einem Taubenschlag glich, was die Frequenz und der Rat suchenden Kunden anging.

Nachdem sich der technische Aufwand in engen Grenzen hielt, die Anmeldungen erfolgt sind und es auch wirtschaftlich keine nennenswerte Belastung gab, begeistert Frau Wittmann nun vielmehr die gelebte Praxis: Ein erheblicher Aufwand zur Rezeptkontrolle vor der Weitergabe an das Rechenzentrum entfalle, weil die eRezepte auf Grund der strengen, vorgegebenen Formalisierung bei weitem nicht die Fehleranfälligkeiten aufwiesen wie das Muster 16 Rezept. Damit erledige sich eben auch die Gefahr von Retaxationen nahezu vollständig. eRezepte werden nach Abgabe des Arzneimittels an den Patienten automatisiert an ihr Rechenzentrum übertragen, das die Übertragung unmittelbar quittiere. Protokolle von Sendung und Quittung werden in ihrem Warenwirtschaftssystem abgelegt, so dass die Beweislage eindeutig sei. Eine diesbezügliche Vertragsänderung habe ihr Rechenzentrum bisher nicht vorgelegt. Prima vista konnten wir gemeinsam auch kein nachhaltiges Bedürfnis dafür erkennen. Im Apotheken-Alltag ist die Anforderung der Rückgabe eines Rezeptes vom Rechenzentrum an die abgebende Apotheke grundsätzlich möglich wenn auch zeitverzögert. Daher galt das besondere Augenmerk von Frau Wittmann der Frage, ob das eRezept hier zu einem neuen Schwierigkeitsgrad führt. Auch diese Sorge löste sich in Luft auf.

Das Einscannen des eRezepts ist schnell gemacht.

Nachdem Frau Wittmann mein Bild der Probleme der Einführung des eRezepts in einer Apotheke erfolgreich unter dem Rubrum „Keine Angst haben, machen!“ entzaubert hatte, blieb noch Zeit, um über die Bedeutung des eRezepts im Generellen zu sprechen.

Natürlich lösen die weitreichenden, strukturellen Veränderungen, die die Einführung des eRezepts mit sich bringt, Sorgen um die Positionierung der Vor-Ort-Apotheken aus. Deren Zurückhaltung würde aber nur den Versand-Apotheken in die Hände spielen. Denn letztlich geht es um die Bindung des Patienten an seine Stamm-Apotheke dadurch, dass sie ihm entgegenkommt und die Stärken des eRezepts ausspielt. Die Möglichkeit der direkten digitalen Zuweisung einer Verordnung an die Stamm-Apotheke spart ggf. Wege und Zeit des Patienten. Die in jedem Fall gegebene Eindeutigkeit des eRezepts lässt Zeit und Mühen der Apotheke für Rückfragen in der Arztpraxis wie auch die Kontrolle vor der Weitergabe an das Rechenzentrum entfallen. Gepaart mit einem Botendienst wird dem Patienten schlussendlich ein unschlagbarer Service angeboten, den Versand-Apotheken in der Regel nicht leisten können, von der persönlichen Beratung durch den Vor-Ort-Apotheker ganz zu schweigen.

Die Argumente für eine frühe Fokussierung auf das eRezept haben sich damit für Frau Wittmann erfolgreich in die Praxis umsetzen lassen!

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